VIENNA CALLING - ZU BESUCH BEI DER WIENER BIKE KITCHEN
1. Gang: Bikekitchen
Ein Menu entsteht in der Küche. Dabei spielt es keine Rolle, ob nach Hausfrauenart oder mit Michelin Stern. So ist es auch mit diesem Fahrradmenü. Fünf Gänge für Leute mit einem Gang: ein prall gefüllter Teller voll mit Wiener Spezialitäten. Zubereitet in der Bike Kitchen, von vielen Köchen, die hier nicht den Brei verderben, sondern erst dafür sorgen, dass alles funktioniert.
Um unseren Hunger zu stillen, gönnen wir uns erstmal eine echte Wiener Spezialität, denn wenn wir schon Stunden zu spät auftauchen, müssen wir ja nicht auch noch völlig ausgehungert auflaufen. Am „Gürtel“ gibt´s Käsekrainer, eine Art Hotdog mit Käsegrillwurst, eine böse Kalorien-Sünde, aber lecker. Ein Stück weiter soll sich die Bike Kitchen befinden. 15. Bezirk, in der Goldschlagstraße. Eigentlich liegt sie relativ versteckt und den kleinen Kellereingang hätten wir sicher lange gesucht. Eigentlich. Wäre da nicht der Fahrradparkplatz vor dem Eingang. Ein großer „Haufen“ Zweiräder zieht jedermanns Blicke auf sich und ist allein schon äußert unterhaltsam. Doch wir wollen nicht noch länger auf uns warten lassen und öffnen gespannt die kleine Kellertür. Geduckt geht es eine steile Treppe runter, von der aus man schon einen perfekten Überblick hat. Vor uns liegt die Welt der Bike Kitchen, in die wir mit jeder Stufe ein Stück weiter eintauchen.
Der Gewölbekeller ist vollgepackt mit Kram. Fahrräder, Ersatzteile für jede Art von Fahrrädern, Werkzeug, Hocker, bunte Lichter, eine kleine Musikanlage und natürlich die Menschen, die heute Abend Teil der Bike Kitchen sind. Das Licht flackert bunt, die Musik dudelt im Hintergrund und die Leute unterhalten sich angeregt in kleinen Grüppchen. Die meisten scheinen sich zu kennen, jedenfalls fallen wir relativ schnell auf und werden sehr bald als die angekündigte Spoke Gruppe entlarvt. Wir gesellen uns dazu und saugen viele Informationen zur Bike Kitchen auf. Die meisten hier haben etwas dazu zu sagen und jeder hat so seine Punkte, die rüberkommen sollen. Doch von vorn: die „Fahrradküche“ gibt es in Wien seit etwa 3 Jahren. Es fing alles damit an, dass einige Wiener RadfahrerInnen, die sich gut verstanden und ohnehin die gemeinsame „Mission Fahrrad“ lebten, einen „Raum“ für Gleichgesinnte schaffen und irgendwie die Fahrradkultur in Wien fördern wollten. „Raum“ ist dabei einerseits ganz wörtlich zu nehmen: neben einer Fahrradwerkstatt bietet das Gewölbe noch das gemütliche Wohnzimmer und eine Küche, in der tatsächlich gekocht wird. Jeden Donnerstag hat die Fahrradküche geöffnet. Ab 16 Uhr die Werkstatt, ab 20 Uhr nennt sich das Ganze dann „ReparierBar“. Es wird geschraubt, gequatscht, gegessen und getrunken. „Raum“ aber auch im bildlichen Sinne: Hierher kann jeder kommen, egal ob mit Singlespeed, BMX oder Mountainbike, Mann oder Frau und egal welcher Herkunft oder sexuellen Orientierung. Hat man erstmal in die Bike Kitchen gefunden, kann man hier natürlich in erster Linie Fahrräder reparieren. Eine gut ausgestattete Werkstatt ist auf so ziemlich alles vorbereitet. Um die laufenden Kosten des Vereins zu decken, ist jeder dazu angehalten, die empfangene Leistung (Werkzeug, Ersatzteile, Essen, Trinken) nach eigenem Ermessen zu honorieren. Statt zu bezahlen, wird gespendet und letztendlich entscheidet jeder selbst, wie viel. Dass man etwas gibt, ist aber klar. Nicht, weill man „muss“, sondern weil man, sobald man die Bikekitchen betritt, irgendwie ein Teil von ihr wird. Hier gibt es keine Hierarchien und jeder, der sich einbringen möchte, ist dazu herzlich eingeladen. Es ist erstaunlich: obwohl wir niemanden länger, als ein paar Stunden kennen, fühlen wir uns für dieses Wochenende mit den Menschen hier verbunden.
In diesen Räumen kann man erleben, wie die gemeinsame Leidenschaft, das Radfahren, verbindet! Bestes Beispiel ist der Spanier, den wir heute Abend kennenlernen: er arbeitet zur Zeit an der Wiener Uni und hat dort über einen Flyer von der Bikekitchen erfahren. Da er selbst gern Rad fährt und sich Abends gern mit Menschen trifft, ist er einfach mal vorbeigekommen. Und wird kurzerhand von unserem Wien Kontakt Konstantin, bei dem wir das Wochenende über wohnen werden, in ein intensives Gespräch verstrickt: der hat nämlich morgen Spanisch-Prüfung an der Uni und freut sich über eine lebensnahe Praxis-Einheit zum Lieblingsthema Fahrrad. Ich dagegen bin von Karls neuer Kompaktkamera mit russischen Wechselobjektiven begeistert. Karl ist Bikekitchen Mit-Begründer und wie ich, fährt er nicht nur gern Fahrrad, sondern liebt auch das Fotografieren. Ein unterhaltsamer Abend, der erst gegen Mitternacht ein Ende findet…
2. Gang: Critical Mass
Die Zutaten für dieses Gericht sind eigentlich ganz einfach: ein Fahrrad, ein Treffpunkt und eine verabredete Zeit. Dass diese rustikale Zusammenstellung dennoch wahres Gourmet-Potential besitzt, sollte uns die Wiener Critical Mass beweisen…
Fahrräder: vorhanden. Treffpunkt: Schwarzenbergplatz hinter der Karlskirche. Zeitpunkt: 16:30Uhr. Als wir dort ankommen, sind maximal 10 andere RadfahrerInnen dort. Kein Wunder, bei der Kälte! Die 7 Einsatzwagen der Wiener Polizei wirken da beinahe übertrieben. Noch erwarten wir einen eher unspektakulären Abendausritt auf unseren Drahteseln. Doch der Platz füllt sich schnell. Immer mehr RadfahrerInnen tauchen auf und bringen teilweise äußerst auffällige Fahrgeräte mit. Ein bunt beleuchteter Chopper, ein riesiges Tallbike oder der fahrende Ghettoblaster sorgen für richtig Stimmung. Aber natürlich sind auch ganz normale Fahrräder dabei. City-Räder, Mountainbikes, BMX… irgendwie ist jede Gattung Fahrrad vertreten. Aber irgendwie interessiert das auch niemanden so wirklich. Hauptsache man ist dabei! Bei klirrender Kälte sind es am Ende etwa 220 Radfahrer! Mit lautem Gekreische und Gepfeiffe setzt sich der Zug in Bewegung, angeführt vom bunten Chopper-Bike, desses Fahrer heute spontan die Route vorgibt.
Die Polizei spielt unauffällig mit. Obwohl das hier nicht offiziell ist und es noch nie wirklich Ärger gab, stellt der Freund und Helfer den Geleitschutz und sorgt so für noch mehr Aufsehen, als die Fahrradkarawane ohnehin schon auf sich zieht. Heute abend haben Fahrräder Vorfahrt. Mitten in Wien, mitten im Winter. Wir lernen viele Menschen kennen, treffen aber auch „alte“ Bekannte aus der Bikekitchen wieder: die „Rad Rowdies“, Wiens Fahrrad Gang, sind mit „PandA“ und „Fixator“ vertreten und Falk entpuppt sich als Erbauer und Fahrer des auffälligen Tallbikes. Das gemeinsame Ziel heute Abend ist die CM Abschlussparty im „Tüwi“, einem Kulturverein an der Uni im 19. Bezirk. Es gibt Glühwein, Bier, Lagerfeuer draussen und Live Musik drinnen. Als wir genug haben, lädt uns Falk noch einmal in die Bikekitchen ein: „Morgen wird gekocht!“
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